„Der Pflegeberuf im Wandel“
Landeskonferenz am 14. September 2023 von 10:00 - 16:00 Uhr

2023 09 14 014 Stefan Deutsch

„Der Pflegeberuf im Wandel“ war das Leitthema der Landeskonferenz am 14. September 2023 in der Johanniskirche in Magdeburg. Das Programm wurde von hochrangigen Referentinnen und Referenten gestaltet, die unterschiedliche Aspekte des dynamischen Veränderungsprozesses rund um den Pflegeberuf darstellen. Immer wieder gab es für die 243 Teilnehmenden Gelegenheit zum Austausch und zur Diskussion. An elf Informationsständen konnten sich die Besucherinnen und Besucher zu Angeboten der Beratung, Unterstützung und Begleitung von Ausbildung, Beruf, Lehre und betrieblichen Entwicklungen in der Pflege in Sachsen-Anhalt informieren.


Eröffnung der Landeskonferenz
Petra Grimm-Benne, Ministerin für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung

2023 09 14 021 Stefan Deutsch

In ihrer Rede ging die Ministerin auf die Folgen des demografischen Wandels, die steigende Nachfrage nach professioneller Pflege und den hohen Bedarf an Pflegefach- und Pflegekräften ein. Sie verwies auf die enormen Anstrengungen zur Ausbildung von Fachkräften und Hilfskräften, die erfolgreichen Anwerbungen aus dem Ausland und die vielfältigen Unterstützungsangebote des Landes. Frau Ministerin Grimm-Benne benannte einen qualifikationsgerechten Einsatz in der Pflege und eine entsprechende Organisationsentwicklung in den Einrichtungen als wichtiges Ziel.

Rede der Ministerin im Wortlaut


Grußwort des Vorsitzenden des Landespflegeausschusses
Ralf Dralle, Vorsitzender Landespflegeausschuss

2023 09 14 022 Stefan Deutsch

Herr Dralle sprach in seinem Grußwort die aktuellen Herausforderungen der Pflege an und verwies auf die Bereitschaft des Landespflegeausschusses, mit seinen Möglichkeiten den Veränderungsprozess aktiv zu unterstützen.

Rede von Herrn Dralle

 

 


Pflege kann mehr!
Prof. Dr. phil. Gabriele Meyer, Institut für Gesundheits- und Pflegewissenschaften, Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

2023 09 14 033 Stefan Deutsch

Frau Prof. Dr. phil. Meyer hob auf die gute und auch im europäischen Ausland anerkannte dreijährige Pflegeausbildung in Deutschland ab. Nichtsdestotrotz sei ein wesentlich höherer Grad von Akademisierung des Pflegeberufs notwendig. Im europäischen Vergleich ist die akademische Pflege in Deutschland noch immer gering ausgeprägt. Der Pflegeberuf nimmt nicht in ausreichendem Maße den Stellenwert ein, der ihm gebührt bzw. wird die pflegerische Expertise nicht entsprechend abgerufen, wie es sinnvoll und hilfreich wäre. Es müssen Vorbehalte gegenüber höherqualifiziertem Pflegepersonal abgebaut werden und die Vertretung der Pflegeforschung in gesundheitspolitischen Gremien sowie ihre Verankerung in der pflegerischen Praxis gestärkt werden. Frau Prof. Meyer plädiert für eine eigenständige und starke Stellung der Profession Pflege und einen Ausbau von Forschung und Lehre. Beispielhaft für eine Weiterentwicklung der Profession Pflege steht der evidenzbasierte Studiengang Pflege.

Präsentation von Frau Prof. Dr. phil. Meyer


Perspektive Pflege – Perspektive Fachkräfte: Unterstützungsangebote des Landes!
Dr. Kristin Körner, Leiterin der Abteilung Arbeit und Integration, und Stefanie Glomm, Fachreferentin für Ausbildung, Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung

2023 09 14 041 Stefan Deutsch

Frau Dr. Körner stellt den vielseitigen Ansatz des Landes zur Stärkung der Ausbildung und der Gewinnung von Fachkräften vor. Aktivitäten gibt es im Bereich der Berufsorientierung, der Qualität der Ausbildung, der Integration in den Arbeitsmarkt aus der Erwerbslosigkeit heraus, im Bereich der beruflichen Weiterbildung, der Fachkräftezuwanderung und -integration, der Gestaltung des digitalen Wandels und Guter Arbeit. Die Sicherung angemessener Gehälter und höherer Zeitsouveränität der Beschäftigten stehen in den vorgestellten Unterstützungsangeboten ebenso im Fokus wie die enge Begleitung der Auszubildenden und die Förderung einer gelebten Wertschätzungskultur in den Betrieben. Frau Dr. Körner wirbt für eine rege Inanspruchnahme der Angebote, die potenzielle Auszubildende, interessierte Personen und Arbeitgeber dabei unterstützen, sich zukunftsweisend aufzustellen.

Frau Glomm führt in das Projekt „Assistierte Pflegehilfe“ ein. Die Schülerinnen und Schüler der Pflegehilfe erhalten während der einjährigen Ausbildung eine sozialpädagogische Begleitung und Lernunterstützung. Ziel ist es, durch die Angebote vorzeitige Beendigungen der Ausbildung zu vermeiden und neue Zielgruppen zur Sicherung des Fachkräftebedarfs zu erschließen. Zurzeit befinden sich 525 Schülerinnen und Schüler in der Ausbildung, davon erhielten 323 sozialpädagogische oder Lernberatung.

Eine neue gesetzliche Regelung in Sachsen-Anhalt ermöglicht seit August 2023 die verpflichtende Zahlung einer Ausbildungsvergütung in der schulischen Ausbildung Pflegehilfe aus Landesmitteln.

Präsentation mit der Übersicht über die Angebote des Landes


Informationsstände und Austausch

2023 09 14 069 Stefan Deutsch

Während einer einstündigen Mittagspause konnten sich die Teilnehmenden mit den zahlreichen Projekten, Beratungsangeboten und Institutionen an den Informationstischen austauschen.

Liste der Ausstellerinnen und Aussteller


Personalbemessung in der stationären Langzeitpflege
Prof. Dr. Heinz Rothgang, SOCIUM Forschungszentrum Ungleichheit und Sozialpolitik, Universität Bremen

2023 09 14 081 Stefan Deutsch

Der Auftrag, ein Instrument zur Personalbemessung in der stationären Langzeitpflege (PeBeM) zu entwickeln, hatte zum Ziel, die Qualität der Pflege durch einen ausreichenden Personaleinsatz weiter zu verbessern und die Arbeitsbelastung der Pflegekräfte zu senken. Zentrale Erkenntnisse aus dem Projekt sind, dass es einen deutlichen Mehrbedarf an qualifizierten Assistenzkräften in der Pflege gibt. Zurzeit werden sehr viele Tätigkeiten von Pflegefachkräften erbracht, die nicht die Qualifikation einer dreijährigen Ausbildung erfordern, während wiederum Pflegehilfskräfte Aufgaben wahrnehmen, für die sie nicht ausreichend qualifiziert sind. Der Bedarf an Pflegefachkräften richtet sich künftig entsprechend dem PeBeM nach dem Pflegebedarf/-grad der Bewohnerinnen und Bewohner. Denn je höher der Anteil von pflegebedürftigen Menschen mit hohem Pflegegrad in einer Einrichtung ist, desto höher ist der Bedarf an Pflegefachkräften. Herr Prof. Rothgang führt aus, dass ein dem Pflegeaufwand bzw. -bedarf entsprechender Qualifikationsmix aus Pflegehilfskräften mit beruflicher Qualifizierungsmaßnahme, Pflegeassistentinnen und Pflegeassistenten mit ein- oder zweijähriger Ausbildung und Pflegefachkräften bei angepasster Arbeitsorganisation ein guter Qualifikationsmix ist. Für eine bundesdurchschnittliche Einrichtung ergibt sich ein Fachkräfteanteil von 38 Prozent und ein Anteil an Pflegeassistentinnen und Pflegeassistenten mit ein- oder zweijähriger Ausbildung von 32 Prozent.

Seit dem 1. Juli 2023 können stationäre Langzeitpflegeeinrichtungen einen Personaleinsatz nach § 113 c SGB XI als quantitative Obergrenze bei den Pflegesatzvereinbarungen verhandeln. Damit das Mehr an Personal greift und die gewünschten Effekte – eine Reduzierung der Arbeitsbelastung und eine verbesserte Qualität der Pflege – erbracht werden, ist eine gut durchdachte und neue Organisation der Pflegearbeit erforderlich. Zurzeit wird ein beteiligungsorientiertes Konzept zum qualifikationsorientierten Personaleinsatz in der Pflege entwickelt und erprobt.  Zunächst erscheint der Vorschlag, zusätzliche Stellen in der Pflege zu schaffen paradox – ist aber notwendig als „Flucht nach vorne.“

Wenn Pionierinnen und Pioniere zeigen, dass bessere Arbeitsbedingungen dauerhaft möglich sind, kann das dazu führen, dass Pflegekräfte im Beruf verbleiben, mehr Menschen für den Pflegeberuf gewonnen werden können und bereits ausgeschiedene Pflegekräfte in den Beruf zurückkehren.

Präsentation von Herrn Prof. Dr. Rothgang


Moderiertes Gespräch: Herausforderungen und Chancen durch eine neue Aufgabenteilung in der Pflege

2023 09 14 097 Stefan Deutsch

Carina Müller, Leiterin Personal, Wohnen und Pflegen Magdeburg gGmbH; Isabell Koch, Wohnen und Pflegen Magdeburg gGmbH; Christiane Becker, Direktorin des Pflegedienstes, Universitätsklinikum Halle (Saale); Kristin Thiel, Mitglied des Landesvorstands, Bundesverband Lehrende Gesundheits- und Sozialberufe (von li. nach re.)

Im Fokus standen die Herausforderungen und Chancen, die sich aus der Studie zur Pflegepersonalbemessung von Prof. Heinz Rothgang ergeben, die qualifikationsgerechte Arbeitsteilung in der stationären Langzeitpflege und das Pflegepersonalbedarfsbemessungs-instrument „Pflegepersonalregelung“ (PPR 2.0) in den Krankenhäusern. Die PPR 2.0 soll eine Alternative zu den bisherigen Personaluntergrenzen sein und verfolgt ebenfalls das Ziel, die Arbeitsintensität von Pflegekräften zu senken und die Qualität der Pflege weiter zu verbessern. Nach einer Erprobungsphase soll das neue Bemessungsverfahren voraussichtlich 2025 flächendeckend eingeführt werden. Eine Reduzierung der Arbeitsbelastung von Pflegekräften zeigt sich durch das neue Verfahren in den Häusern, die am Probelauf teilnehmen, bislang nicht. Die taggenaue Berechnung des Personaleinsatzes erzeugt in der Praxis hingegen einen enormen administrativen Aufwuchs. Der qualifikationsgerechte Einsatz von Pflegefach- und Pflegehilfskräften ist in der Akutpflege bereits gut etabliert und macht daher aktuell keine Reorganisation notwendig.

Die stationären Langzeitpflegeeinrichtungen stehen noch am Anfang eines länger dauernden Entwicklungsprozesses. Um eine veränderte Aufgabenteilung in der Pflege zu etablieren, sind neben einer qualifikationsgerechten Zuordnung von Tätigkeiten auch Arbeitsabläufe neu zu denken. Pflegekräfte müssen auf die neue Aufgabenteilung gut vorbereitet und an dem Veränderungsprozess beteiligt werden. Es ist nicht beabsichtigt, mit der veränderten Arbeitsorganisation Pflegefachkräfte aus einem ganzheitlichen Ansatz der Pflege herauszulösen.   Neben den enormen Herausforderungen der notwendigen Organisationsentwicklung gestaltet sich für Einrichtungen auch die Kostenentwicklung bei den Beiträgen für die Bewohnerinnen und Bewohner durch mehr Personal schwierig. Andererseits sind aufgrund des hohen Bedarfs an Pflegefach- und Pflegehilfskräften alle Pflegeeinrichtungen bestrebt, gute Arbeitsbedingungen für Pflegepersonal zu bieten. 

In der Pflegeausbildung sind die als Vorbehaltsaufgaben festgeschriebenen Tätigkeiten schon immer wesentlicher Bestandteil der Ausbildung. Auch werden Pflegefachpersonen bereits in der Ausbildung auf die Zusammenarbeit mit anderen Professionen vorbereitet und in der Praxis die entsprechenden Kompetenzen entwickelt. Ob sich eine Vertiefung zur Anleitung von Pflegehilfskräften bei einer veränderten Personalbemessung als hilfreich erweist, sollte in den jeweiligen Einrichtungen entschieden werden.


Resümee und Ausblick
Wolfgang Beck, Staatssekretär im Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung

2023 09 14 102 Stefan Deutsch

Herr Staatssekretär Beck hebt auf den enormen Veränderungsprozess ab, der in der Pflege in Gang gesetzt wurde und noch lange nicht abgeschlossen ist. Auch wenn viel von den Trägern erwartet werde, sei der Prozess notwendig, um die Pflege zukunftssicher aufzustellen. Der Pflegeberuf muss attraktiv sein, um ausreichend Menschen für die Pflege zu begeistern. Es ist ein vielseitiger und sehr sinnstiftender Beruf, der gute Rahmenbedingungen braucht. Er spricht allen, die in der Pflege arbeiten und die sich in dem Bereich engagieren, seinen Dank aus und wünscht sich, dass die Herausforderungen gemeinsam gestaltet werden. Er fordert dazu auf, die Unterstützungsangebote des Landes in Anspruch zu nehmen und den regen Dialog zur Personalbemessung und Organisationsentwicklung fortzuführen. Herr Beck dankt allen, die an der Landeskonferenz mitgewirkt haben.


Musikalische Begleitung

2023 09 14 002 Stefan Deutsch

Trio Chameleon


Impressionen



Moderation:
Elke Ahlhoff, ArbeitGestalten GmbH

Fotos:
Stefan Deutsch